Lebenslauf: So lesen Personaler Ihre Vita

Lebenslauf: So lesen Personaler Ihre Vita

 

Lernen Sie anhand der fünf aufgeführten Beispiele, wie Sie mit Besonderheiten und Stolpersteinen im Lebenslauf umgehen.

 

 

 

   1. Lebenslauf-Beispiel für eine perfekte Vita

Wie zu erwarten, hat Mattes sein Abi problemlos bestanden. Im Anschluss absolvierte er eine zweijährige Banklehre. Danach ist er 6 Monate mit dem Rucksack durch Südamerika gereist. Wie geplant, hat er sich bei der FH eingeschrieben und in 8 Semestern seinen Master of Finance gemacht, sogar mit einem Auslandssemester in Paris.    

 

Kommentar:
Dies ist ein mustergültiger Lebenslauf, bei dem die Personaler reihenweise laut aufjubeln, wenn die Bewerbung nebst tadellosen Zeugnissen auf dem Tisch liegt! Aber die Realität in deutschen Lebensläufen sieht oft anders aus. Nicht jeder verfolgt sein berufliches Ziel geradlinig und ohne Umleitungen. Gerade in jungen Jahren neigt der Mensch dazu, sich in vielfältigster Weise auszuprobieren. Bis die Erkenntnis reift, welcher Weg nachhaltig einzuschlagen ist, geht’s im Zickzackkurs rauf und runter.

Aber es ist nicht immer ein Nachteil, vom direkten Weg abzuweichen. Wer den Mut hat, nicht so ausgetretene Wege zu gehen, hat am Ende jede Menge Lebenserfahrung im Gepäck. Ein klarer Vorteil, den Arbeitgeber zu schätzen wissen und nicht abgeneigt sind.




   2. Beispiel für eine gute Vita mit Umwegen

Joshua war mit Mattes in einem Jahrgang, bis er kurz vor dem Abi noch eine Ehrenrunde drehen musste. Direkt im Anschluss studierte er 5 Semester an der Uni in Frankfurt BWL. Im fünften Semester setzte er das Grundstudium in den Sand. Das lag mit Sicherheit daran, dass er nebenbei öfter Taxi fuhr, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Nach dem Studium hatte er erstmal die Nase voll und ist 1 Jahr mit seiner Band getingelt.

Aber auch hier gab es keine goldene Schallplatte. Mit 25 Jahren nahm er eine Ausbildungsstelle als Industriekaufmann an und gab ab sofort ordentlich Gas. Mit 27 Jahren war er ausgelernt und begann direkt im Anschluss die Fachschule für Marketing über 4 Semester. Die Schule war berufsbegleitend zweimal in der Woche abends und an Schulsamstagen. Die Weiterbildung hatte er als Bester bestanden. Respekt, so etwas durchzuziehen. Inzwischen ist Joshua auf der Karriereleiter angekommen. 


Kommentar:
Die Wiederholung eines Schuljahres ist im Lebenslauf kein Problem, viele Schüler drehen im Laufe ihrer Schulkarriere eine Extrarunde.

Das abgebrochene Studium lässt sich nicht kaschieren. Aber ohne Abschluss wissen viele Personaler, dass Joshua aus dieser Zeit eine Menge an fachlicher Qualifikation mitgenommen hat und es an seinem Arbeitsplatz einbringt. Auch ein Wechsel der Fachrichtung während des Studiums ist unkritisch, wenn hinterher mit Volldampf der neu beschrittene Weg zum Erfolg führt.

Das Jahr mit der Band sollte im Lebenslauf als Selbständigkeit eingetragen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann man Joshuas Lebenslauf als „Jugendsünde“ abtun, den rote Faden seines beruflichen Werdegangs hat er mit Beginn seiner Ausbildung gefunden und ohne Wenn und Aber durchgezogen.

Spät, aber gut, lässt sich als Fazit sagen. Joshua hat mit seinem Lebenslauf gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
 

 

Auch Norbert war mit Mattes und Joshua in der Klasse. Kurz vor dem Abi hat er die Schule abgebrochen. Sein Realschulabschluss (das Zeugnis der 10. Klasse) war grottenschlecht. Trotzdem hat er über die Beziehungen seines Vaters einen Ausbildungsplatz als Bürokaufmann bekommen. Kurz nach der Zwischenprüfung war ihm der Job zu trocken und er hat hingeschmissen, dummerweise ohne eine Alternative zu haben.

Es folgten weitere Praktika ohne Perspektiven. Die einfachen Arbeitszeugnisse dazu fehlen. Mit einem Freund hat er sich ohne Berufsabschluss selbständig gemacht. Als Website-Programmierer wollten die beiden durchstarten. Das ging zwei Jahre gut, dann haben sich die beiden Freunde hoffnungslos zerstritten. Ergebnis: Einen Haufen Schulden. Über das Arbeitsamt hat Norbert an einer Fortbildungsmaßnahme teilgenommen. Sechs Monate Buchhaltungskurs im DATEV Programm.

Danach wurde er an eine Spedition vermittelt, weil das Arbeitsamt die Arbeitsstelle subventionierte. Aber das half nicht, Norbert kam nicht klar mit seinen Aufgaben und wurde in der Probezeit entlassen. Jetzt ist er seit 3 Jahren arbeitslos und hat keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Seitdem bewirbt er sich immer wieder. Leider ohne Erfolg. Außer Bewerbungen macht er zurzeit nichts, was ihn beruflich weiterbringt.


Kommentar:
Wer 13 Jahre zur Schule geht und kein Abitur vorweisen kann, hat einen schlechten Start ins Berufsleben.

Doppelt schlimm ist, wenn die Ausbildung beendet wird, nachdem die Hälfte absolviert ist, ohne einen Plan B in der Tasche zu haben.

Die dritte Chance in der Spedition auch noch zu verspielen, ist grob fahrlässig. Jetzt wird’s richtig schwer, den Lebenslauf und das Bewerbungsschreiben noch ansprechend zu gestalten.

Helfen könnte nur, wenn er die Zeit der Arbeitslosigkeit nutzt, sich in Eigeninitiative fortzubilden. Ein Computerkurs oder Wirtschaftsenglisch wäre eine gute Alternative, um den Lebenslauf etwas zu pimpen. Jeder Job oder jedes Praktikum hilft in dieser Situation weiter, auch wenn dafür eine Zeit unentgeltlich gearbeitet werden müsste. Wichtig ist, in dieser kritischen Situation wenigstens etwas Berufserfahrung und Durchhaltevermögen vorzuweisen. 


Natascha hat mit 17 Jahren den Sekundarabschluss I. geschafft. Mit 18 Jahren hat sie sofort geheiratet und ihr erstes Wunschkind bekommen. Ein Jahr später kam das zweite Kind. Das war so nicht geplant, eigentlich wollte sie eine Ausbildung anfangen, sobald das erste Kind in den Kindergarten geht. Jetzt, mit zwei Kindern, ist eine Ausbildung noch schwerer zu stemmen, zumal das Kleinste ständig kränkelt.

Aber Natascha nutzt die freie Zeit, die sie abends hat, und schreibt regelmäßig als Autorin an dem von ihr gegründeten Blog mit dem Thema: „Spielen und Lernen mit Kleinkindern“. Auch Presseartikel veröffentlicht sie auf themenverwandten Seiten. Mit dem örtlichen Kindergarten steht sie in Kontakt und beginnt dort im nächsten Jahr eine Ausbildung als Erzieherin.



Kommentar:
Erst die Kinder- dann der Beruf, sicherlich ist das nicht die übliche Vorgehensweise. Zwar ist es finanziell nicht die ausgereifteste Methode, wenn zuerst der Nachwuchs kommt. Für den Lebenslauf ist die umgekehrte Reihenfolge unkritisch. Im Gegenteil. Zwar schrecken einige Arbeitgeber noch zurück, und unterstellen, dass Kleinkinder ständig krank sind und gepflegt werden müssen. Ein Gros der Unternehmer sehen es vorteilhaft, wenn die Babypausen der Mütter schon herum sind und auf Dauer mit der Arbeitnehmerin geplant werden kann.

Mit dem Ausbildungsbeginn zu warten, bis die Kinder 10 Jahre oder älter sind, würden die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich erschweren. Personaler besetzen ganz gerne Ausbildungsstellen mit Bewerbern, die bereits Mitte zwanzig sind und über mehr Lebenserfahrung verfügen.

Natascha hat Ihre Zeit als Mutter clever genutzt und sich viel Wissen über ein für sie interessantes Hobby angeeignet. Ihren Blog lässt sie unter „Persönliche Kompetenzen“ mit einfließen, zumal er thematisch zu ihrem Berufswunsch passt.

 

 
 

   5. Beispiel für eine Vita mit Gefängnisaufenthalt

Dennis hatte es nicht leicht in seiner Jugend. Schon früh ist er von zu Hause ohne Schulabschluss abgehauen, der Vater hat getrunken und die Mutter regelmäßig geschlagen. Statt die Schulbank zu drücken, hing Dennis lieber mit seinen Kumpels herum und schmiedete Pläne.

Auf Schule und Ausbildung hatte keiner der Jungs richtig Bock und so beschränkte man sich auf die Durchführung von groß aufgezogenen Einbrüchen. Fünfmal ging es gut, dann schnappte die Polizei zu. Wegen schweren Raubes mit Sachbeschädigung und Körperverletzung rückt Dennis, wenn auch noch nach Jugendstrafrecht verknackt, für 3 Jahre in die JVA ein.


Kommentar:
Haft ist nicht gerade ein Zuckerstückchen im Lebenslauf. Ein Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt muss immer in den Lebenslauf, da beißt die Maus keinen Faden ab. Verschweigen oder vertuschen ist nicht drin – zu groß ist die Gefahr, dass die Täuschung auffliegt.

Üblicherweise machen Jugendliche in der Zeit, in der sie einsitzen, eine Ausbildung oder gehen täglich einer Arbeit nach. Daher wird diese Tätigkeit in der Rubrik „Beruflicher Werdegang“ mit aufgezählt. Bei den Angaben über den Ausbilder sollte aber zwingend erwähnt werden, dass es sich um eine Haftanstalt handelt.

Einen richtig guten Job mit einem solchen Lebenslauf zu finden, wird nicht einfach. Die besten Chancen bieten sich bei Firmen, die gezielt Wiedereingliederung unter einem sozialen Aspekt betreiben oder durch staatlich subventionierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

Je länger die anschließende Arbeitsphase ohne Zwischenfälle dauert, desto größer ist die Chance auf einen beständigen Arbeitsplatz. Durchbeißen ist die einzig mögliche Devise.

 

Häufige Fragen: FAQ zu den Lebenslauf Beispielen

Was gehört in den Lebenslauf 2023?
Die folgenden Bestandteile sind für einen vollständigen, tabellarischen Lebenslauf unverzichtbar: Ganz oben im Lebenslauf stehen die persönlichen Kontaktdaten, Geburtsort und -datum und ggf. die Staatsangehörigkeit. Anschließend listen Sie alle beruflichen Stationen auf. Dabei steht die aktuellste Arbeitsstelle ganz oben. Beschreiben Sie in Stichpunkten die Tätigkeiten, die Sie ausgeführt haben. Erläutern Sie Ihre Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen mit den entsprechenden Nachweisen. Wichtig ist Ihre abgeschlossene Berufsausbildung oder der Studienabschluss mit den Zeugnissen. Gleiches für den letzten Schulabschluss. Phasen der Arbeitslosigkeit oder andere Auszeiten, wie etwa die Elternzeit, gehören ebenfalls in den Lebenslauf. Bei Berufsanfängern spielen Praktika eine wichtige Rolle. Ein oder zwei Hobbys sollten erwähnt werden. Falls kein Bewerbungsdeckblatt verwendet wird, ist es sinnvoll, oben rechts in der Ecke ein Bewerbungsfoto einzufügen.

Was gehört nicht in den Lebenslauf 2023?

Persönliche Angaben, wie Religion, Familienstand, Anzahl und Alter der Kinder gehören heutzutage nicht mehr in einen modernen Lebenslauf. Die Grundschule wird ausschließlich bei Berufsanfängern aufgeführt. Eine Aufzählung von Soft Skills im Lebenslauf ist nicht sinnvoll. Allenfalls im Anschreiben kann auf Soft Skills eingegangen werden. Schreiben Sie, warum Sie die wichtige Eigenschaft besitzen und wie Sie diese bisher erfolgreich beruflich einsetzen konnten. Nennen Sie hierzu ein Beispiel.

Wie viele Seiten darf ein Lebenslauf haben?
Im Gegensatz zum Anschreiben gibt es beim Lebenslauf keine Seitenbeschränkungen. Dafür gilt die Regel „vollständig, aber kurz und bündig“. Der Lebenslauf soll strukturiert und übersichtlich alle wesentlichen Informationen über den beruflichen Werdegang enthalten, ohne aufgebläht zu werden. Je älter ein Bewerber ist und je öfter die Arbeitsstelle gewechselt wurde, desto länger wird auch der Lebenslauf. Es ist keine gute Idee, zu versuchen, einen langen Lebenslauf mit aller Gewalt auf nur zwei Seiten zu pressen. So leiden garantiert Informationsgehalt und Chancen.

Wie lange geht man im Lebenslauf zurück?
Der letzte Schulabschluss ist in der Regel der Zeitpunkt, ab dem der Lebenslauf zeitlich beginnt. Bei Berufsanfängern beginnt der Lebenslauf mit der Grundschule.

Welche Farben soll man im Lebenslauf verwenden?
Die Schriftfarbe für den Lebenslauf sollte in jedem Fall in einem Schwarz- oder Grauton gehalten werden. Für das Design gilt, gediegene Farben, wie Dunkelblau, Grau oder Weinrot wirken seriöser als schrille Farben. Starke Kontraste strahlen mehr Kompetenz aus als harmonierende Farben.

Müssen Lücken im Lebenslauf erläutert werden?
Jeder Personaler schaut einen Lebenslauf immer nach Lücken durch. Daher ist es wichtig, dass alle Lücken mit aufgeführt und erläutert werden. Nicht erklärte Lücken im Lebenslauf stellen schnell ein Auskriterium dar. Wer keinen makellosen Lebenslauf hat, aber offen mit den beruflichen Lücken umgeht, hat trotzdem gute Chancen auf den Job. Oft bedeuten Lücken im Arbeitsleben, dass viel Lebenserfahrung gesammelt wurde. Das ist kein Nachteil. Aber Rechtfertigungen über Lücken gehören nicht in den Lebenslauf. Spätestens im Vorstellungsgespräch kann ausführlich darüber gesprochen werden.

 

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Sabine Ratermann